Editorial

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Walter Bieri - Ist Camping noch ein Abenteuer?

Im Jubiläumsjahr 2016 haben wir einen Rückblick auf die Gründungsjahre unseres Verbandes veröffentlicht. Bei der neuerlichen Betrachtung dieser Beiträge ging mir so einiges durch den Kopf.

Die Urväter unseres Verbandes haben im Dezember 1944 in Zelten beim Trübsee in Engelberg bei minus 17 Grad und 150 cm Schneehöhe das erste Silvesterlager durchgeführt. Was war da wohl die Triebkraft für dieses Abenteuer? 

2020, fast 80 Jahre später, standen auf Stellplätzen unzählige Wohnmobile, Fahrzeug an Fahrzeug, nebeneinander. Man hörte das Schnarchen des Nachbarn nebenan.

Es lässt sich nicht bestreiten, dass Zelten im hohen Schnee und bei mehr als 10 Grad unter null abenteuerlich ist. Aber was mag die Motivation sein, in einem warmen, mit allem Komfort ausgestatteten Wohnmobil auf einem Kies- oder Asphaltplatz in Reih und Glied Silvester zu feiern? Komfort ist eine feine Sache, aber Kuschelparken steht wohl nicht zuoberst auf der Prioritätenliste.

Im Dezember 1986 waren wir auf dem Camping Punt Murail im Engadin, um das Langlaufen in der verschneiten Natur zu geniessen. Das Camping-Wäldchen teilten wir mit zehn weiteren Einheiten und an Silvester standen wir bei minus 22 Grad um das Lagerfeuer und wünschten uns das neue Jahr an. Für uns war das Romantik pur.

Durch den neuesten Run auf Camping- und Stellplätze sind solche Bedingungen wohl eher Wunschdenken. Und dennoch … Obwohl auch wir heute im gut ausgestatteten Bus reisen, suchen wir die kleinen und wenig besuchten Plätze auf und legen Zeit und Ziel nicht unbedingt auf Festtage und Ferienhochburgen. Diese Art zu reisen, bietet auch heute noch etwas Naturnähe und Romantik.